3. August 2021 - NEXTGENERATION - Anna Gyapjas

Wir befinden uns auf dem Gutshof Britz. Ich bin ein bisschen spät dran, vorne stehen schon Lina und Anuschka, die alle ankommende Kinder auf Corona testen, und zwei andere Mädchen mit Instrumentenkoffern über der Schulter, die sich offensichtlich ebenfalls verspätet haben. Das Mädchen mit den gelben T-Shirt und den Schlaghosen fällt mir sofort auf, da sie mich anlächelt. Auf dem Weg zum Workshop fragt sie mich, welches Instrument ich spiele. Ich antworte darauf, dass ich Klavier spiele, jedoch nicht im Juniororchester spiele, sondern bei einem Reporter Workshop teilnehme.  Angekommen, wird unserem Reporter Team von unserer Workshopleiterin erläutert, dass in dem Orchester 35 Kinder und Jugendliche im Alter von 7-20 Jahren aus der Musikschule Paul Hindemith in Neukölln im Jugendorchester spielen und in zwei Tagen ebenfalls 35 französische Schüler hier ankommen werden und gemeinsam mit den deutschen Schülern proben und dann anschließend im Konzerthaus am Gendarmenmarkt auftreten werden. Nach einer kleinen Kennenlernrunde und Planung des Workshops gehen wir auf den riesigen Innenhof. Dort sehen wir die große Orchestergruppe, wie sie merkwürdige Tänze mit französischer Musik im Hintergrund macht. Eine Einführung in die französische Sprache ist das, die von einer französische und einer deutschen Frau vom Institut Francais d’Allemagne angeboten wird. Wir werden die beiden am Freitag wiedersehen, wenn die Franzosen ankommen.

Daraufhin gehen die Kinder in den „Kulturstall“, der komplett neu renoviert ist und sehr schön und nun zum Orchesterprobenraum wird. Dort zeigt uns der Dirigent Stefan Kelber uns unsere Plätze auf der Empore, von wo aus wir das ganze Jugendorchester sehen können. Wir besuchen sie an ihrem dritten Probentag. Ich bin erstaunt, es gibt sehr kleine Kinder die schon sehr gut spielen können. Ich finde das Mädchen mit dem gelben T-Shirt wieder, sie sitzt jetzt konzentriert hinter einer Plexiglasscheibe und spielt Klarinette. Neben ihr, mit viel Abstand, sitzt ein Junge, der ebenfalls Klarinette spielt. Die jungen Musiker*innen tragen eine Maske, wenn möglich und sitzen alle mit viel Abstand zu einander. Wir Reporterinnen können uns kaum vorstellen, wie noch weitere 35 Schüler in diesen Raum passen sollen. Die Organisatoren ebenfalls nicht, geben sie zu.

Die Kinder fangen an zu proben, von „James Bond“ bis zu „Carmen“ sind alle Lieder dabei. Es klingt etwas chaotisch, aber schon ziemlich gut dafür, dass viele Schüler zum ersten Mal in einem Orchester spielen. Nach der Probe gehe ich zu der Klarinettistin, mit vielen Fragen. Laura ist vierzehn und kommt aus Kreuzberg. Jedoch spielt sie die Klarinette, schon seit etwa fünf Jahren, hier an der Musikschule Neukölln. Sie hat schon Erfahrungen in Orchestern gemacht, denn sie spielte schon im Schulorchester, in einem Streichorchester und momentan in einem Erwachsenenorchester. In Corona-Zeiten durfte sie keine Zoom-Konferenzen machen, um zu üben, deshalb musste sie zu Hause alleine, ohne ihre Lehrerin proben. Ihre Lehrerin hat sie dazu ermutigt, hier im Juniororchester mitzuspielen.

Am 30. Juli ist der Tag gekommen. Man kann aufgeregte und hibbelige Kinder sehen. Deshalb läuft es bei der Probe nicht so geschmiert wie zwei Tage zuvor. Um 11:30 gehen die Kinder in die Pause, die für die Durchlüftung gedacht ist. Dort sehen wir auf der anderen Seite des Innenhofes eine große Gruppe von Kindern und Erwachsenen. Wir gehen hin, um die Situation zu erkunden. Dort schauen uns Kinder neugierig an – offentsichtlich die Franzosen. Auch die Organisatoren des Projekts sind gekommen, um die Franzosen zu begrüßen. Aber sie ermutigen auch unser Reporter-Team.

Dann plötzlich sehen wir einen sehr großen Mann mit blauem Anzug. Es ist der Neuköllner Bürgermeister. Unser Reporter-Team hat schon interessante Fragen für ihn vorbereitet. Er war selbst Mathelehrer, bevor er Bürgermeister geworden ist, erfahren wir. Und er findet es toll, mit Kindern zu arbeiten.

Alle Kinder und Jugendlichen sind schon sehr aufgeregt, weil sie sich auf die gemeinsame Probe freuen. Es ist sehr heiß auf den Platz, also freut sich jeder, als das Kennlernspiel von den netten Frauen vom Institut Francais fertig ist und die Probe endlich anfangen kann. Es ist sehr voll und plötzlich viel enger, 70 statt 35 junge Musikerinnen und Musiker, doch man kann die Franzosen gut erkennen, denn sie trage Gelbe Caps, auf denen „El Camino“ steht, das ist der Name des französischen Orchesters. Für viele französische Kinder ist dies das erste Mal im Ausland. Sie kommen aus Pau, einer kleinen Stadt im Süden von Paris.  Für sie ist das Orchester ihr einziges Hobby. Sie treffen sich in einem Klub namens „el camino“ der dreimal in der Woche nach der Schule stattfindet. Die Probe ist ein großes Chaos. Doch das ergibt auch Sinn, denn es ist ja das erste Mal, dass die großen Gruppen zusammenspielen. Zum Glück gibt es den Geiger Orlando. Der 16-Jährige ist ein Schüler des französischen Gymnasiums und wurde in Frankreich geboren. Er übersetzt alles, was der deutsche Dirigent sagen möchte. Nach einer Weile funktioniert es. Es gibt weniger Fehler beim Spielen, und das Orchester ist endlich komplett.

Facebook

Mehr aus dieser Rubrik:

„Nicht jeder hat die Chance, hier zu sein und vor einem so großen…
Diese schönen Klavierklänge lassen einen wirklich nicht mehr los. Dann stimmt das Orchester mit…
Contact Us

We're not around right now. But you can send us an email and we'll get back to you, asap.