Bei dem Western Balkans Youth Orchestra handelt es sich um ein noch sehr junges Orchester: Erst Ende 2019 wurde es auf Initiative von Desar Sulejmani gegründet, um über ethnische, nationale, religiöse und kulturelle Unterschiede hinweg einen Weg für gemeinsames Musizieren zu finden. Es setzt sich in nahezu gleicher Anzahl aus jungen Musikstudierenden der sechs Nicht-EU-Länder des Westbalkans (Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien) zusammen. Bei der Konzertmeisterposition gibt es ein bewusstes Rotationssystem. Der in Deutschland ausgebildete Pianist und Dirigent Sulejmani fungiert als Künstlerischer Leiter des Ensembles. Maßgebliche finanzielle wie logistische Unterstützung erhält es durch verschiedene Rotary Clubs in Deutschland. Seine pädagogisch-künstlerische Arbeit orientiert sich an dem deutschen Orchesterakademie-System, in dem verschiedene Dozent:innen aus dem Ausland das Programm mit den jungen Musiker:innen einstudieren. Sein Debüt erlebte das Western Balkans Youth Orchestra pandemiebedingt erst im Herbst 2021 mit drei Konzerten in Pristina, Skopje und Tirana; im vergangenen Jahr war das Orchester erstmals auch bei Young Euro Classic zu erleben.
Konzerthaus Berlin
Manuel Sarrazin ist seit März 2022 Sondergesandter der Bundesregierung für die Länder des westlichen Balkans. Er ist außerdem Präsident der Südosteuropa-Gesellschaft, Vizepräsident der Europäischen Bewegung Deutschland und Mitglied im Stiftungsrat der Stiftung für deutsch-polnisch Zusammenarbeit. Er begann seine politische Karriere als Mitglied im Vorstand des Kreisverbandes Hamburg-Harburg des Bündnis 90/der Grünen, für den er von 1999 – 2004 tätig war. Von 2004 – 2008 war er Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft und von 2008 – 2021 Mitglied im Deutschen Bundestag. Darüber hinaus war er im Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union (2008 – 2021) und im Auswärtigen Ausschuss (2017 – 2021) tätig. Er war Sprecher für Europapolitik und Obmann im Europaausschuss (2009 – 2017) und Sprecher für Osteuropapolitik (2017 – 2019) in der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen. Manuel Sarrazin hat Geschichte, Osteuropastudien und Jura an den Universitäten Bremen und Hamburg studiert.
Der in Albanien geborene Desar Sulejmani begann als Sechsjähriger mit dem Klavierspiel und trat bald auch in Konzerten auf. Ab 1998 setzte er seine Ausbildung an der Folkwang Universität der Künste in Essen fort, wo er bei Till Engel (Klavier), Andreas Reiner und Rainer Kussmaul (Kammermusik) sowie David de Villiers (Dirigieren) studierte. Als Klavierpartner von Andreas Reiner hat Sulejmani sämtliche Violinsonaten von Felix Mendelssohn auf CD eingespielt. Den Schwerpunkt seiner künstlerischen Arbeit nimmt seit 2003 das Dirigieren ein: Dabei verbinden sich feste Positionen, die er bei Orchestern in Essen, Köln und Düsseldorf betreute, mit einer Vielzahl von Einladungen, die Sulejmani nach Albanien und in den Kosovo, nach Tschechien, Österreich und Usbekistan führten. 2008 dirigierte Sulejmani in seiner Heimatstadt Shkodra die erste albanische Oper Mrika von Preng Jakova. 2016 leitete er eine internationale Produktion von Mozarts Zauberflöte im südafrikanischen Johannesburg. 2019 gründete er das Western Balkans Youth Orchestra.
Die als gebürtige Albanerin aus Nordmazedonien stammende Hava Bekteshi kam mit 14 Jahren nach Deutschland und lebt heute in Hamburg. Neben dem Studium der Betriebswirtschaftslehre galt ihre besondere Leidenschaft immer schon der albanischen Musik, wie sie vor allem in der Cifteli, einer zweisaitigen Langhalslaute, zum Ausdruck kommt. Lange als Männerdomäne festgelegt, ist das Spiel des Instruments durch Hava Bekteshis Einsatz auch in Deutschland bekannt geworden. Seit 2014 hat sich die Künstlerin mehrfach am Deutschen Theater München für die Çifteli engagiert; außerdem wurde sie eingeladen, im deutschen Pavillon „Performing Architecture“ im Rahmen der „Biennale di Venezia“ 2016 die albanische Musik aus Hamburg zu präsentieren. Regelmäßig tritt Hava Bekteshi mit verschiedenen Programmen in der Elbphilharmonie Hamburg auf.
Der aus Serbien stammende Akkordeonist Nikola Komatina studierte zuerst in Wien, dann in Detmold und zuletzt an der Folkwang Universität der Künste Essen. Bereits in seinen Jugendjahren gewann Komatina über 20 Preise bei verschiedenen Wettbewerben; später erhielt er eine Vielzahl von Stipendien. Sein Repertoire umfasst Werke vom Barock bis zur Moderne. Mit dem Cellisten Mladen Miloradovic hat er 2012 das Duo Akkcellorando gegründet, außerdem ist er Mitglied der Künstlergruppe FONA-Formation Neues Akkordeon. Als Gastmusiker tritt der 34-Jährige regelmäßig mit dem Signum Saxophone Quartett, dem Notabu Ensemble, dem Ensemble S201 und dem One Earth Orchestra auf. Außerdem arbeitet er intensiv mit den Komponisten Fabien Lévy, Gerhard Stäbler, Markus Stockhausen, Frank Zabel, Volker Staub, Boris Filanovsky, Thomas Neuhaus und Günter Steinke zusammen. Neben sein Engagement für die zeitgenössische wie klassische Musik tritt seine Leidenschaft für Volksmusik aus dem Balkan, die er in eigenen Arrangements als Sänger und Akkordeonist auf die Bühne bringt.
Tänze aus Galánta (1930)
„Eja të vallëzojmë“ („Lasst uns tanzen“)
Orchestersuiten aus den Balletten „Gajaneh“ (1942) und „Spartakus“ (1956) und Schauspielmusik zu „Masquerade“ (1940/44) (Auswahl)
„Igrajmo kolo“ („Lasst uns Kolo tanzen“)
Symphonie Nr. 1 f-Moll op. 10 (1924-1925)
Über das Konzert
Dieses Programm verspricht, eine besondere Farbe ins diesjährige Programm von Young Euro Classic zu bringen. Denn wer kennt hierzulande schon Musik vom Balkan, speziell aus Albanien – und dann noch gespielt auf der Langhalslaute Çifteli? Volksmusik für Akkordeon dürfte dem deutschen Publikum genauso wenig geläufig sein. Um diese beiden Schwerpunkte herum hat der Dirigent Desar Sulejmani für sein Western Balkans Youth Orchestra Werke ausgewählt, die an Farbigkeit, Temperament und melodischen Einfällen nichts zu wünschen übrig lassen: Den Anfang machen die populären Tänze aus Galánta des Ungarn Zoltán Kodály, danach folgt eine Orchestersuite des Armeniers Aram Khachaturjan, die vor allem Highlights aus seinen berühmten Balletten Spartakus und Gajaneh bietet. Und zum krönenden Abschluss spielen die jungen Musikerinnen und Musiker aus den sechs Nicht-EU-Ländern des Balkans die erste Symphonie, den jugendlichen Geniestreich des erst 18-jährigen Dmitri Schostakowitsch.