Das New Georgian Philharmonic blickt in seinem Bestehen als Orchester auf eine lange Tradition zurück: Seit 90 Jahren ist das ehemalige Staatliche Symphonieorchester Georgiens der führende Klangkörper des Landes und konzertierte in vielen Sälen dieser Welt, u.a. in der Royal Albert Hall in London und im Concertgebouw Amsterdam. Eine Umstrukturierung 2013 erneuerte das fest etablierte Orchester und machte aus ihm eine junge, frische Version, in dem nun vorwiegend Studenten des Staatlichen Konservatoriums in Tbilisi miteinander musizieren. Im selben Jahr setzte das Orchester durch, dass die Wahl des musikalischen Leiters und des Dirigenten nicht mehr Aufgabe des Kulturministers von Georgien, sondern der Musiker selbst sei. Nikoloz Rachveli wählten sie demokratisch im Dezember 2013. Unter seiner Leitung und an der Seite berühmter georgischer Solisten begingen sie so ihre erste Konzerttour in der Philharmonie St. Petersburg mit großem Erfolg und machen sich seitdem sowohl mit der Interpretation georgischer Symphonik als auch mit der Aufführung vieler Werke anderer Komponisten einen Namen.
Konzerthaus, Berlin
Ulrich Deppendorf ist Journalist.
Ulrich Deppendorf, das Urgestein des öffentlich-rechtlichen Fernsehens, das Signal für eine wichtige Information aus dem aktuellen Weltgeschehen – 289 mal moderierte er den Bericht aus Berlin, der Wahlheimat des Ruhrgebiet-Kindes, dem „Sehnsuchtsort“ des inzwischen 65-Jährigen. Nach seinem Jurastudium in Münster kam er einst über ein Volontariat zum WDR, dessen Fernseh-Programmdirektor er nach vielen erfolgreichen Jahren als Redakteur und Verantwortlicher vieler unterschiedlicher Sendungen und Programmbereiche, darunter „ARD aktuell“ mit Verantwortung für „Tagesschau“ und „Tagesthemen“, einige Jahre war. Dieser Job unterbrach ihn bei seiner Tätigkeit als Studioleiter und Chefredakteur des ARD-Hauptstadtstudios, die er dann 2007 bis 2015 aber wieder aufnahm. Für viele und vielleicht auch für ihn kam er zurück „nach Hause“. Seine Wohnung in Berlin-Charlottenburg hat er ja auch in der ganzen Zeit behalten – mit der ruppigen Art der Berliner kommt er gut klar, sagt er, vielleicht ist es auch der kulturelle Überfluss der Stadt, die ihn so anzieht. Der bekennende Klassik-Fan hatte nämlich in seinen jungen Jahren noch einen ganz anderen Berufswunsch: „Ich habe die Entscheidung zum Journalismus nicht einen Tag bereut. Aber in meinem zweiten Leben würde ich dann gerne Dirigent werden.“ Deppendorf ist Stammgast in der Philharmonie, und bei Young Euro Classic ist er als Mitbegründer des Festivals schon seit der ersten Minute aktiv dabei. Wir hoffen, dass das auch noch viele Jahre so bleiben wird!
Der georgische Dirigent Nikoloz Rachveli ist ein musikalisches Multitalent, dessen Begabung sich schon in frühester Jugend bemerkbar machte. Mit neun Jahren komponierte er eine Kinderoper, mit zehn stand er erstmals vor einem Orchester. Sein späteres Studium in Wien brachte ihn mit Persönlichkeiten wie Pierre Boulez, György Ligeti und Luciano Berio in Berührung. Später war Rachveli der erste, der Kompositionen von Stockhausen, Cage, Schnittke und Gubaidulina in seiner georgischen Heimat aufführte. Nach der Rosenrevolution übernahm Rachveli wichtige Positionen an der Oper in Tbilissi und beim Staatlichen Orchester; heute amtiert der 36-Jährige als Chefdirigent des Georgischen Philharmonischen Orchesters. Sein Klavierkonzert „Introversion“ wurde mit dem Georgischen Kammerorchester im Konzerthaus Berlin aufgeführt; als Dirigent widmet er sich in besonderer Weise dem Werk Giya Kanchelis. 2013 nahm Rachveli neben Künstlern wie Gidon Kremer, Daniel Barenboim, Khatia Buniatishvili und Sergei Nakariakov an einem Solidaritätskonzert „To Russia with Love“ in der Berliner Philharmonie gegen die Verletzung der Menschenrechte in Russland teil.
Der estnische Dirigent Andres Mustonen, Jahrgang 1953, wandte sich schon früh der zeitgenössischen Musik zu, machte dann aber eine abrupte Kehrtwende hin zur Alten Musik. 1972 gründete er das Ensemble Hortus Musicus, mit der er zu vielen internationalen Festivals eingeladen wurde und 25 Schallplattenalben produzierte. Inzwischen versteht es Mustonen, der auch als Geiger auftritt, mühelos, alte und moderne Musik miteinander zu verbinden, wobei sein Schwerpunkt stets auf Kirchenmusik liegt. Zum einen dirigiert er Schütz, Bach und Mozart, zum anderen Giya Kancheli, Krzysztof Penderecki, John Tavener, Alexander Knaifel und Sofia Gubaidulina. Bekannt wurde Mustonen für seinen unkonventionellen Dirigierstil, in dem sich Spontaneität, Improvisation und flammende Begeisterung für die Musik ausdrücken. Für die Auswahl der Künstler, mit denen er musiziert, hat der Dirigent klare Vorstellungen: „Ich teile nie die Bühne mit jemand, den ich nicht kenne, nicht als meinen Freund betrachte oder liebe.”
Der georgische Bratscher Giorgi Zagareli, 1986 in Tbilissi geboren, ging nach dem Studium in seiner Heimatstadt zur weiteren Ausbildung zuerst an die Hochschule für Musik in Detmold, dann nach Leipzig und an die Hochschule Basel. Seitdem hat sich Zagareli international einen Namen als Solist und Kammermusiker gemacht. Besonders verbunden fühlt sich der Musiker der Musik der Gegenwart: In Georgien führte er erstmals Werke von Berio, Feldman, Xenakis, Penderecki und Ligeti auf; außerdem widmete er sich der Uraufführung von Kompositionen seiner Landsleute Sulkhan Nasidze, Tigran Mansurian sowie von Giya Kancheli. Von ihm hat er zahlreiche Werke auch auf CD eingespielt, so das Projekt „Kancheliada“ mit dem Ensemble „Septeriment“. Zusammen mit Nikoloz Rachveli gehörte Zagareli auch zu den Begründern des georgischen Festivals Kontrapunkt für zeitgenössische Musik. 2014 nahm er mit Nikoloz Rachveli Giya Kanchelis 20 Miniaturen für Bratsche und Klavier auf. Der Komponist widmete dieses Werk Giorgi Zagareli und Nikoloz Rachveli.
Die georgische Pianistin Dudana Mazmanishvili, 1980 in Tbilissi geboren, hat in den letzten Jahren ihre größten Erfolge in den USA gefeiert, wo sie an der Mannes School of Music in New York City studierte. Aber auch mit Deutschland ist sie eng verbunden. Nach erstem Unterricht in ihrer Heimat kam die junge Pianistin zum Klavierstudium bei Elisso Virsaladze an die Musikhochschule in München, machte dort für den Bayerischen Rundfunk ihre erste CD und lebt inzwischen seit einigen Jahren in Berlin. Die georgische Regierung ernannte sie 2013 zur „Kulturbotschafterin Georgiens in Deutschland“. Auch im deutschen Klavierrepertoire fühlt sich Dudana Mazmanishvili zuhause; so spielt sie Bach und Beethoven genauso gern wie Schumann, Brahms und Busoni. Darüber hinaus widmet sie sich besonders Chopin, Liszt, Rachmaninow und auch georgischen Komponisten. Im Frühjahr dieses Jahres trat sie erstmals beim Klavierfestival Ruhr auf.
«Warzone» für Symphonieorchester (2002)
«Für Lennart in memoriam» für Streichorchester (2006)
«Silent Prayer» für Violine, Violoncello, Vibraphon, Bassgitarre, Streichorchester und Tonband (2007)
«Credo» für Klavier, gemischten Chor und Orchester (1968)
«Trisagion» für Streichorchester (1992/1994)
«Styx» für Viola, gemischten Chor und Orchester (1999)
19:00 Uhr: Konzerteinführung im Werner-Otto-Saal — Einlass mit Konzertticket um 18:45 Uhr
Moderation: Dr. Dieter Rexroth, künstlerischer Leiter von Young Euro Classic, im Gespräch mit Dudana Mazmanishvili, Pianistin
PROGRAMM
Zum 80. Geburtstag von Arvo Pärt und Giya Kancheli
Young Euro Classic ehrt zwei Jubilare, die dank ihrer großen Persönlichkeit immer einen ganz eigenen Weg der modernen Musik gegangen sind: der Este Arvo Pärt und der Georgier Giya Kancheli. Pärt hat sich als Meister meditativer Klangflächen eine riesige Fangemeinde geschaffen. Die Werke des Geburtstagskonzerts bei Young Euro Classic reichen von dem von permanenter metrischer Unruhe geprägten „trisagion“ für Streichorchester bis zu der Trauermusik, die Pärt 2006 zum Tod seines Freundes, des estnischen Staatspräsidenten Lennart Meri, komponiert hat. Auch der Georgier Kancheli widerstand dem offiziellen Musikgeschmack der Sowjetunion, schlug einen kühnen Bogen zwischen der Volksmusik seiner Heimat und westlicher Avantgarde. Ebenso kühn ist die Besetzung seines Werks in diesem Konzert: „Silent prayer“ (Stilles Gebet) lotet die gegensätzlichen Klangwelten von Streichern, Vibraphon und Bassgitarre aus.
Mitschnitt
Das Konzert wird von Deutschlandradio Kultur aufgezeichnet und bundesweit ausgestrahlt. Der Sendetermin ist Dienstag, der 25. August 2015, 20:03-22:00 Uhr. In Berlin auf UKW 89,6 sowie DAB+ und Kabel.