19:00 Uhr
Catherine Larsen-Maguire Dirigentin
Ryan Corbett Akkordeon
Jay Capperauld Komponist
ANNA CLYNE · „This Midnight Hour/Cette heure de minuit“ (2015)
JAY CAPPERAULD · „Galvani's Giga” für Akkordeon und Orchester (2025, Deutsche Erstaufführung)
HECTOR BERLIOZ · „Symphonie fantastique” op. 14 (1830)
Vielleicht fragen Sie sich gerade, warum Schottland nicht nur eine Fußballnationalmannschaft, sondern auch ein National Youth Orchestra of Scotland (NYOS) besitzt? Die Briten mögen den Fußball erfunden haben, von der klassischen Musik kann man das nicht behaupten. Dass Konkurrenz hier allerdings für Vielfalt und ein hochwertiges Angebot sorgt, haben die Jugendorchester von Schottland und Wales schon mehrfach bei Young Euro Classic bewiesen. Im Norden Großbritanniens pulsiert ein vielfältiges musikalisches Leben. Diesmal ist ein brandneues Akkordeonkonzert des Schotten Jay Capperauld zu erleben. Und wer in den letzten Jahren bei Young Euro Classic miterlebt hat, welche staunenerregende Akrobatik einem Akkordeon bisweilen abverlangt wird, der darf sich auf dieses ganz besondere Highlight freuen! Das zentrale Werk nach der Pause ist Hector Berlioz‘ berühmte Symphonie fantastique, ein hochromantisches Liebesdrama, mit unerschöpflicher Fantasie in Klang umgesetzt. Und dann gibt es zum Anfang noch ein Werk der englisch-amerikanischen Komponistin Anna Clyne, This Midnight Hour, dessen Musik, so die Komponistin, eine „visuelle Reise“ auslösen soll. Lassen wir uns vom NYOS mitnehmen auf diese Reise!
Das National Youth Orchestra of Scotland (NYOS) vereint die besten 100 jungen Musikerinnen und Musiker aus Schottland. Gegründet 1978, erlebte es 1988 sein Debüt bei den legendären Londoner Proms in der Royal Albert Hall. 2000 war das NYOS erstmals und zuletzt 2007 bei Young Euro Classic zu erleben; 2014 erfolgte eine große China-Tournee. 2024 war das Ensemble NYOS Camerata Teil des Young Euro Classic-Festivals im Festival „re:play“. Das ABC des Orchesters ist unter den drei Kernbegriffen „ambition“ (Zielstrebigkeit), „belonging“ (Teilhabe) und „creativity“ (Kreativität) zusammengefasst. Unter diesem Dreiklang findet eine intensive Förderung junger Talente statt, die in zwei jährlichen Arbeitsphasen – im Frühjahr und Sommer – gipfelt. Schottische Komponistinnen und Komponisten wie Peter Maxwell Davies, James McMillan, Sally Beamish, Anna Meredith und Helen Grime gehören von Anfang an zum festen Bestandteil der Konzertprogramme. Mit der Gründung eines NYOS Senior Orchestra und eines Junior Orchestra wurde inzwischen der Radius der Aktivitäten bewusst erweitert.
Für Catherine Larsen-Maguire bedeutet der Auftritt im Konzerthaus Berlin quasi ein Heimspiel. Denn die in Manchester geborene Dirigentin lebt heute in Berlin, wo sie schon in ihren künstlerischen Anfangsjahren zehn Jahre als Solo-Fagottistin im Orchester der Komischen Oper gespielt hat. Seit 2012 verfolgt Catherine Larsen-Maguire konsequent ihre Laufbahn als Dirigentin: Einladungen in dieser Saison führten sie nach Paris und Toulouse, nach Galizien und Ljubljana wie auch nach Schwerin, wo sie eine Neuproduktion von Mozarts Don Giovanni leitete. Ein besonderer Schwerpunkt ihrer Arbeit gilt der zeitgenössischen Musik: 2021 dirigierte sie die Uraufführung von Alexander Goehrs The Master Said mit dem BBC National Orchestra of Wales, im selben Jahr beim Musikfest Berlin die Premiere von Cathy Millikens Night Shift mit dem Ensemble Modern. 2022 leitete sie das Scottish Ensemble, Ensemble Resonanz und die Trondheim Soloists in der Erstaufführung von Erkki-Sven Tüürs Deep Dark Shine. Ihre besondere Leidenschaft gilt der Arbeit mit jungen Musizierenden: So wurde Catherine Larsen-Maguire im Juni 2023 zur ersten Chefdirigentin des National Youth Orchestra of Scotland ernannt.
Geboren 1999 in Glasgow, machte Ryan Corbett seine erste Begegnung mit dem Akkordeon, als er im Alter von elf Jahren von seiner Großmutter ein gebrauchtes Instrument geschenkt bekam. Damit begann seine Faszination für das Akkordeon wie auch für schottische Volksmusik, die schließlich in ein Studium am Royal Conservatoire of Scotland in seiner Heimatstadt mündete. Sein Landsmann, der Komponist James McMillan, pries ihn als den „überraschendsten und erstaunlichsten Newcomer in der schottischen Musik“. Inzwischen hat Corbett nicht nur internationale Wettbewerbe in Deutschland, Italien und China gewonnen; er wirkte auch 2023 an den schottischen Feierlichkeiten zur Krönung von Charles III. mit. Ein großes Anliegen ist dem Musiker, das Repertoire der Akkordeonisten zu erweitern; so hat er hunderte von Arrangements verfasst und bringt Werke zur Uraufführung. 2024 bestritt er nicht nur die Erstaufführung des neuen Akkordeonkonzerts des Briten Daniel Soley, sondern auch die britische Premiere des Akkordeonkonzerts von Mikhail Pletnjew. Corbett spielt auf einem klassischen Bugari Spectrum Akkordeon, das in Castelfidardo, Italien, gebaut wurde.
Der schottische Komponist Jay Capperauld, Jahrgang 1989, kann bereits auf eine Vielzahl von Auftragswerken verweisen, die von namhaften Institutionen wie dem BBC Philharmonic, BBC Scottish Symphony Orchestra, Scottish Chamber Orchestra oder Royal Scottish National Orchestra zur Aufführung gebracht wurden. Einen besonderen Erfolg erzielte er mit seinem Klavierkonzert Endlings von 2018; es fand anschließend Eingang in den Film Changing Landscapes, den die BBC Scotland 2021 im Rahmen der UN-Klimakonferenz in Glasgow gedreht hat. 2023 erhielt Capperauld den ehrenvollen Auftrag von König Charles III, für die Feierlichkeiten The Honours of Scotland in Edinburgh ein Werk zu schreiben: Schiehallion! basiert auf drei schottischen Volksmelodien, die vom König selbst ausgesucht worden waren. 2022 wurde Capperauld für fünf Jahre zum Ersten Gastkomponisten des Scottish Chamber Orchestra (SCO) ernannt. In der Folge entstanden bereits mehrere Auftragswerke: So führte das SCO mit seinem Chefdirigenten Maxim Emelyanychev im Februar 2025 erstmals Bruckner’s Skull (Bruckners Schädel) auf, inspiriert von den Leben-Tod-Obsessionen des Komponisten. Im April erlebte Carmina Gadelica, ein von gälischen Melodien getragenes Werk für zehn Holzbläser seine Uraufführung.