17:00 Uhr
Friedrichstadtkirche
Dr. Ahmad Naser Sarmast Gründer des ANIM
Dr. Willi Steul Ethnologe
TRAD. · „Rag-e Pilo”
AMIR JAN SABOORI · „Sar-zamen-e-man” arr. Tiago Moreira da Silva
AHMAD ZAHIR · „Migam Ke Dustet Dāram” arr. Tiago Moreira da Silva
ZAKHAIL · „Pa Loyo Ghro” arr. Tiago Moreira da Silva
USTAD M. S. SARMAST · „Ay Shakh Gul” arr. Tiago Moreira da Silva
USTAD AWAL MIR · „Mast-e Mang-e” arr. Tiago Moreira da Silva
TRAD. · „Ey Shokh” arr. Tiago Moreira da Silva
TRAD. · „Pferdetanz aus Badachschan (Raqs-e Asb)”
„Noor wa Omid“ – „Licht und Hoffnung“ – unter diesem der Zukunft zugewandten Motto steht das Konzert des afghanischen Azada Ensembles. Seit dessen Musiker:innen 2021 vor den Taliban ins Exil nach Europa flüchten mussten, steht das Ensemble für mehr als die reichen Kulturtraditionen seiner Heimat – es steht für Resilienz, Freiheit und Zuversicht.
Das Repertoire des Ensembles spannt den Bogen von traditionellen Ragas, über Folk-Tänze bis hin zu Instrumentalversionen populärer Lieder. Die Musiker:innen führen dabei mühelos die Klangwelten afghanischer Instrumente wie der Rubab oder Santur mit den Klangcharakteristika von Cello, Flöte oder Klarinette zusammen. Die Bandbreite der Musikkultur ihres Heimatlands wird eindrucksvoll anhand so unterschiedlicher Stücke wie des kontemplativen „Rag-e Pilo”, dem verspielten „Ey Shokh“ und melancholischer Klagelieder deutlich. Mit dem „Pferdetanz aus Badachschan“ findet zudem traditioneller afghanischer Tanz seinen Platz auf der Bühne. So zollt das Azada Ensemble den nomadischen Wurzeln seiner Kultur Tribut, interpretiert zeitlose Melodien seiner Heimat neu und verleiht ihnen frische Ausdruckskraft– voller Energie, voller Hoffnung, voller Willenskraft.
Ergänzt wird die musikalische Performance von einem Gespräch zwischen dem Gründer des Afghanistan National Institute of Music, Dr. Ahmad Sarmast, und dem Ethnologen Dr. Willi Steul, in dem der bewegenden Geschichte der Ensemblemusiker:innen Raum gegeben wird. So setzen das Konzert und seine Mitwirkenden ein kraftvolles Zeichen gegen Unterdrückung, gegen das Verstummen – denn Azada, das bedeutet frei. Das Gespräch findet auf Englisch statt.
Das Azada Ensemble des Afghanistan National Institute of Music (ANIM) vereint in seiner Musik die reiche Geschichte afghanischer Musiktraditionen mit der Kreativität und Sensibilität junger Musiker:innen im Exil. Der Name Azada, „frei“, ist Programm: Traditionelle Instrumente von Rubab bis Santur verschmelzen klanglich mit westlichen Instrumenten wie dem Cello und der Klarinette, zeitlose Melodien werden neu interpretiert und das Repertoire überschreitet Genregrenzen. Mit seinen ergreifenden Konzerten war das Ensemble bereits auf Bühnen in Frankreich, Spanien, Norwegen und der Schweiz zu erleben. Bei „FUTURE NOW – Tomorrow’s Traditions Today“ werden die Mitglieder des Azada Ensembles von weiteren Studierenden des ANIM, dem Pamir Ensemble, unterstützt. Zusammen bringen die 13 jungen Musiker:innen eindringliche Melodien und rhythmischen Tanz der Region Badachschan auf die Bühne.
Musiker:innen:
Ahmad Emad Karimi (Tabla) | Alina Essari (Flöte) | Hadia Saboor (Santur) | Jawad Mohammadi (Rubab) | Keramat Akseer (Rubab und Tanz) | Maisam Nabizada (Harmonium) | Mohammad Murad Sarkhosh (Ghichak) | Mohammad Ramiz Safar (Rubab) | Murtaza Sarkhosh (Flöte, Rubab und Tanz) | Mustafa Sarkhosh (Zerbaghali) | Shabana Gulestani (Sitar) | Shekila Nazare (Klarinette) | Zeenat Hanif (Cello)
Dr. Ahmad Naser Sarmast ist ein international renommierter Musikpädagoge und Musikethnologe und promovierte in Musik an der Monash University (Australien). Der Trompeter und Sohn des berühmten afghanischen Komponisten Ustad Mohammad Salim Sarmast floh erstmals in den 1990er Jahren während des Bürgerkriegs und des ersten Taliban-Regimes aus Afghanistan, als damals das Musizieren verboten wurde. Im Zuge einer Entspannung der politischen Verhältnisse kehrte Dr. Sarmast 2010 nach Kabul zurück und gründete das Afghanistan National Institute of Music (ANIM), Afghanistans erste koedukative Musikschule, die sowohl afghanische als auch westliche klassische Musik unterrichtet. Das Institut fördert talentierte junge Musiker:innen und fokussiert sich im Zuge dessen darauf, Zugang für marginalisierten Jugendliche zu schaffen, darunter Mädchen, Kinder ohne Eltern oder auf der Straße arbeitende Kinder. Nachdem die Taliban 2021 erneut an die Macht kamen, leitete Dr. Sarmast die Evakuierung der 273 Mitglieder des ANIM nach Portugal. Dr. Sarmast und das ANIM haben zahlreiche internationale Auszeichnungen erhalten, darunter den Polar Music Prize, die Ehrenmitgliedschaft der Royal Philharmonic Society und Preise der Asia Society und des International Music Council. Über seine Arbeit wurde in zahlreichen internationalen Medien und Dokumentarfilmen berichtet. Dr. Sarmast lebt mit seiner Familie in Melbourne.
Der ehemalige Intendant des Deutschlandradios (2009-2017) hat eine bemerkenswerte Biographie: der promovierte Ethnologe studierte in Deutschland, England und Frankreich, verbrachte in den 1970er-Jahren fast 5 Jahre mit Feldforschungen zu Blutrache in Afghanistan, unterrichtete zeitweise an der Universität Kabul und wandte sich dann dem Journalismus zu. Ab 1979 und der sowjetischen Intervention war er Korrespondent des ARD-Hörfunks in Afghanistan und Pakistan, später in Griechenland, der Türkei, der Schweiz, für die UNO und 1991 als Korrespondent im Golf-Krieg tätig. 1994 kam er als Chefredakteur zum Deutschlandradio nach Berlin. 1998 wurde er stellv. Intendant des SWR in Stuttgart und kehrte 2009 als Intendant zum Deutschlandradio zurück. Dr. Willi Steul ist Commandeur im französischen Ordre national du Mérite, sowie Träger des Bundesverdienstkreuzes und des Verdienstordens des Landes Baden-Württemberg. Er ist Mitgründer von Young Euro Classic und von Beginn an Vorsitzender des Freundeskreises europäischer Jugendorchester e.V., der das Festival seit dem Jahr 2000 veranstaltet.